Rein subjektiv habe ich beim Tauchen den Eindruck, dass meine Tauchlampe im Winter deutlich
kürzer brennt als im Sommer.
Die Temperaturabhängigkeit von Bleiakkumulatoren ist zwar allgemein bekannt,
doch welche Auswirkungen die Umgebungstemperatur auf meine Tauchlampe
während des Tauchgangs hat konnte ich bisher leider nur vermuten.
Also habe ich schnell mit Hilfe meines
Fluxkompensators
ein paar Messungen vorgenommen und komme zu interessanten Ergebnissen.
Als Akkumulator verwende ich in meiner Tauchlampe drei unterschiedlich alte
12V/7Ah Blöcke die jeweils aus zwei parallel geschalteten
Panasonic Akkus (
Conrad Artikel Nummer: 254932-62)
bestehen.
Der bei der Messung verwendete Block ist ca. 1 Jahr alt und wurde mit ca. 50
Ladezyklen belastet. Um Einflüsse durch das Ladegerät zu minimieren
wurde der Akku mit einem Konstantspannungslader
gemäß der Empfehlung des Herstellers für "Normales Aufladen" (siehe Abbildung 1) geladen.
Abbildung 1
Teil des eingescannten Datenblatts des Panasonic Akkus LC-R123R4PG
Laut Datenblatt von Panasonic
(Download als PDF von Conrad)
verringert sich die Nennkapazität (25 °C) bei einer
Temperatur von 0 °C auf 85%.
Stimmen diese Herstellerangaben eigentlich?
Verkürzt sich die Brennzeit wirklich um 15% wenn ich im Winter tauchen gehe?
Wie verringert sich die Brennzeit im für Taucher relevanten Temperaturbereich
von 20°C und 4°C? Kann ich die Brennzeit eventuell sogar
erhöhen wenn ich den Akku vor dem Tauchgang auf die Heizung lege?
Abbildung 2
Der
Fluxkompensators
im Kühlschrank. Die grüne Flasche ist mit Wasser
gefüllt und dient zur Kontrolle der Temperatur.
In einer ersten Messreihe habe ich versucht die Herstellerangaben zu
verifizieren und dazu das Temperaturverhalten des Akkus ohne Gehäuse gemessen.
Dazu wurden bei 2°C, 10°C und 21°C jeweils drei Messungen mit
dem
Fluxkompensator
durchgeführt. In drei weiteren Kontrollmessungen wurde ausgeschlossen,
dass die Temperatur beim Laden ebenfalls eine Rolle spielt. Das Ergebnis
der Messungen ist interessant und wird in der folgenden Grafik
zusammengefasst.
Abbildung 3
Fluxkompensationszeit
des Panasonic Akkus bei
unterschiedlichen Temperaturen (Belastung 50 Watt)
Die rote Kurve ergibt sich aus den Angaben im Datenblatt des Akkus. Um einen direkten Vergleich
zu ermöglichen, wurden die Angaben von Panasonic auf die
Fluxkompensationszeit
eines virtuellen
Akkus umgerechnet. Dieser virtuelle Akku hat bei 21°C dieselbe Brennzeit wie der in
den Messungen verwendete, reale Akku.
Die grüne Kurve zeigt die oben erwähnten 9 Messungen bei drei
unterschiedlichen Temperaturen. Auffällig ist, dass die gemessene Temperaturabhängigkeit
deutlich höher ist als die theoretischen Herstellerangaben.
Bei 2°C erreicht mein Akku anscheinend einen Kapazitätsverlust, der laut Hersteller eigentlich erst
bei -15°C eintreten sollte. Bei meinem Akku verringert sich die Kapazität zwischen
21°C und 2°C um über 30%.
Erstes Fazit:
-
Die Temperaturabhängigkeit ist deutlich höher als in dem Datenblatt angegeben. Sie ist
so hoch, dass ein Einfluss beim Tauchen merkbar sein sollte.
-
Man sollte nicht blind den Herstellerangaben trauen. Je nach Bedingungen, dem Alter und der Vorgeschichte
des Akkus kann es im Einzelfall erhebliche Abweichungen geben. Datenblätter sind Werbeprospekte!
Nachdem jetzt klar ist, wie der Akku sich bei veränderter Temperatur verhält stellt sich
nun die Frage welchen Einflüssen der Akku in der Lampe unter realen
Verhältnissen ausgesetzt ist.
Wie schnell und wie stark kühlt der Akku während eines Tauchgangs
ab wenn ich im Sommer unter die Sprungschicht in 4°C kaltes
Wasser tauche? In einem Internetforum vertrat ein Autor die Ansicht,
dass der Akku sich während der Entladung sogar erwärmt und
damit die Abkühlung durch die Umgebung kompensiert wird.
Andere Autoren vertreten die Ansicht, dass die Plastikwand
sowie die Luftschicht im Tank den Akku ausreichend
isoliert und es daher keinen Unterschied zwischen Sommer und Winter gibt.
Also habe ich zunächst die Erwärmung des Akkus beim Entladen
untersucht. Erhöht sich die Temperatur wirklich durch den Entladestrom?
Die folgende Messung bestätigt die Behauptung.
Der Akku wurde Aufgeladen und mit Zeitungspapier und Styropor isoliert.
Zwei Temperatursensoren wurden auf den Akku geklebt. Ein dritter Sensor
befindet sich in der Mitte der ca. 20 cm dicken Isolationsschicht.
Das "Paket" wurde für 24 h im Keller an die Umgebungstemperatur von ca. 11,5°C
angepasst. Anschließend wurde der Akku wieder mit einer Leistung von 50 Watt
über den
Fluxkompensator entladen.
Abbildung 4
Temperaturverlauf des isolieren 7Ah Bleiakkus
während einer Entladung mit 50 Watt.
Abbildung 4 zeigt
deutlich, dass die Temperatur des Akkus bei der Entladung um 3,5°C ansteigt.
Es stimmt also! Die chemischen Prozesse sowie der fließende Strom in den
Elektroden und Zuführungen erwärmen einen Bleiakku während einer Entladung.
Bei geringeren Entladeströmen wird
der Einfluss vermutlich nicht mehr so deutlich ausfallen. Um jedoch vergleichbar zu
bleiben, habe ich alle Messungen mit derselben Belastung des Akkus durchgeführt.
Zweites Fazit:
- Ein Bleiakku erwärmt sich durch den Entladeprozess
Aber kann diese innere Erwärmung die Abkühlung des Akkus durch die kalte
Umgebung kompensieren? Es bleibt also die spannende Frage
wie sich der Akku unter realen Tauchbedingungen verhält?
Um das zu klären habe ich meinen Akku in einen modifizierten Tank
meiner alten Extreme Exposure Explorer 6
aus dem Jahr 2001 eingebaut. In den Deckel wurden an Stelle des Ein/Aus Schalters die Kabel
für insgesamt 3 Temperatursensoren eingebaut. Alle drei Sensoren befinden sich an
unterschiedlichen Positionen auf dem Akku. Ein vierter Sensor kontrolliert die
Außentemperatur der Kühlflüssigkeit in einem Abstand von ca.
1 cm von der Außenwand des Tanks.
Abbildung 5
Die modifizierte Explorer 6 im Eiswasser während einer Messung.
Das ursprüngliche Lampenkabel wurde
durch das Anschlußkabel des
Fluxkompensator
ersetzt. Damit sollen Einflüsse durch
unterschiedliche Kabelwiderstände ausgeschlossen werden. Der modifizierte Tank wird
zunächst für 24 Stunden bei einer Raumtemperatur von 21°C gelagert.
Für die Messungen wird er dann in ca. 20 Liter Eiswasser getaucht, die
Entladung über den
Fluxkompensator
beginnt ungefähr 90 Sekunden nach dem Eintauchen.
Ein vorher im Eiswasser
abgekühltes Bleigewicht drückt den Tank in das Eis/Wasser-Gemisch und verhindert, dass
der Tank aufschwimmt und sich während der Messung bewegt.
Abbildung 6
Temperaturverlauf des in die Explorer 6 eingebauten Akkus im Eiswasser
bei einer Entladeleistung mit 50 Watt.
Das Ergebnis der Messung ist eindeutig. Der Akku kühlt trotz der oben nachgewiesenen
"Entladungswärme", der isolierenden Luftschicht und dem isolierenden Plastikgehäuse
sehr schnell ab. Der in der Messung sichtbare Temperatursprung von Sensor
3 könnte auf die Position des Sensors auf dem Akku zurückgeführt werden.
Der dritte Sensor befindet sich nämlich an einer der Ecken des Akkus am unteren Ende des Blocks,
während die anderen beiden Sensoren in der Mitte des Blocks befestigt wurden.
Wahrscheinlich befindet sich der dritte Sensor zusätzlich in der Nähe
einer Elektrode die durch den Entladestrom von innen gewärmt wird. Nach Ende
der Entladung fehlt die "Entladungswärme" und der Akku kühlt am Rand schneller aus
als in der Mitte.
Abbildung 7
Positionen der Temperatursensoren auf dem eingebauten Akku
Insgesamt habe ich bei dem eingebauten und in Eiswasser gelegten Akku eine
Fluxkompensationszeit
von 0,86 h gemessen. Diese Zeit liegt nur knapp
über der Zeit einer Entladung des auf 2°C abgekühlten Akkus.
Gesamtfazit:
Bei einem Tauchgang in winterlich kaltem Wasser muss mit einer deutlichen Reduktion der
Brennzeit gerechnet werden. Weder die vorherige Aufwärmung des Akkus auf Raumtemperatur,
noch die "Entladungswärme" haben merklichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Akkus.
Bei dem von mir gemessenen Akku muss ich mit einer Verkürzung der Brennzeit um bis zu
30% rechnen wenn ich im Winter tauchen gehe.
Ausblick:
Die Messungen sind zwar sehr interressant, sie werfen aber mehr Fragen
auf als ich ursprüglich angenommen hatte. Folgende Punkte bleiben ungeklärt:
-
In weiteren Versuchen müsste der genaue Einfluss des Entladestroms untersucht werden. Es ist
anzunehmen, dass der Temperatureinfluss bei einer Halbierung der Entladeleistung noch deutlicher wird
weil die innere Erwärmung geringer wird. Eine Halbierung der Leistung entspricht etwa der
Verwendung eines 18 Watt HID-Leuchtmittels anstelle des hier simulierten 50 Watt Halogenbirnchens.
-
Das Alter des Akkus und seine Vorgeschichte scheinen einen großen Einfluss auf die
Temperaturabhängigkeit zu haben. Verhält sich ein neuer Akku am Ende wirklich gemäß
den Angaben im Datenblatt? Habe ich bei meinem Akku ein besonders schlechtes Exemplar erwischt und
treffe damit nun falsche Aussagen?
-
Darüber hinaus könnte eine Wiederholung der Messungen mit einer Umgebungstemperatur
von 12°C interessant sein. Immerhin ergeben die ersten Messungen bei einer Temperatur
von 10°C eine Reduktion der Nennkapazität um 18%. Wie schnell kühlt sich
der Akku bei einer Umgebungstemperatur von 12°C ab? Mit einer genauen Messung
könnte die Brennzeit des Akkus bei Höhlentauchgängen aus der vorher gemessenen
Fluxkompensationszeit
genau vorherberechnet werden.
-
Ebenfalls interessant wird ein Vergleich der Temperaturabhängigkeit von Bleiakkus
gegenüber NiCd- oder NiMH-Akkus sein.
-
Auch noch ungeklärt ist die Fragestellung wie stark die Luftschicht um den Akku und
das Plastikgehäuse des Tanks den Akku thermisch vom umgebenden Wasser isolieren.
Hierzu reicht eigentlich eine kurze Vergleichsmessung im Eiswasser ohne
Anschluss an den Fluxkompensator.
Ich werde bei Gelegenheit und Lust weitere
Messungen vornehmen und an dieser Stelle berichten.....
Erstveröffentlichung: August 2008